Der folgende Text ist nur ein Entwurf und enthält noch alle Arten von Fehlern. Er ist praktisch als eine allgemeine Einleitung gedacht. Wer Fehlende Argumente entdeckt oder für eine "Schadensklasse" eine Berechnung gemacht hat, soll sich bitte melden.
Die Aufgabenstellung ist kompliziert
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass das Thalidomid eine Art von Schäden hervorgebracht hat, die es sonst nur sehr sehr selten gibt. Sie sind so vielfältig, dass es unmöglich ist, sie sinnvoll zu kategorisieren. Alleine diese Tatsachen machen es notwendig, eine relativ hohe Rente zu zahlen. Eine gesetzgeberische Lösung wäre viel zu kompliziert und würde auch nicht greifen. Man kann nicht so viele Gesetze und Regelungen anpassen, wie nötig wären, um wirksam zu helfen.
Ein hoher monatlicher Geldbetrag macht es jedem einzelnen Betroffenen möglich, seine eigenen Lösungen zu finden. Dahinter verbirgt sich noch ein weiteres Problem: viele benützen bis heute Hilfsmittel aus ihrer Kindheit. Sofern sie nützlich sind, ist das gut. Aber es fehlen Neuentwicklungen. Es gibt einige, aber wegen fehlender Kommunikation innerhalb der Verbände kennen sie nur wenige.
Ganz allgemein sind die meisten bekannten Hilfsmittel nur für wenige brauchbar. Die Behinderungen sind eben sehr unterschiedlich. Was nützt ein umgebauter Rollstuhl wenn nur die Arme betroffen sind? Aber auch jemand, der im Rollstuhl sitzt, kann häufig mit einer Spezial-Küche nichts anfangen, da sie für Menschen mit langen Armen konzipiert sind. Eine Toilette mit Po-Reinigung ist auch nutzlos, wenn der Schalter für Menschen mit langen Armen gebaut ist, oder sich der Betroffenen gar nicht selbst ausziehen kann, um auf die Toilette zu gehen.
Kleidung muss meistens geändert werden. Manche haben Glück und ihre Arme sind gerade so lang, dass sie Sommer-T-Shirts anziehen können. Bei anderen sind sie zu kurz und die Ärmel müssen abgeschnitten werden. Wieder andere haben so lange Arme, dass Sommerhemden im Winter zu kurze Ärmel haben, aber lange Ärmel gekürzt werden müssen. Pullover sind nicht veränderbar und deshalb nicht verwendbar. Gott sei Dank gibt es Westen ohne Ärmel. Wer Glück hat, besitzt welche in schwerer Qualität, die es nicht oft zu kaufen gibt oder die sehr teuer ist.
Diejenigen Betroffenen, die kurze Arme und kurze Beine haben sind ganz auf Maßanfertigungen abgewiesen. Außerdem muss deren Kleidung den Erfordernissen im Rollstuhl angepasst sein. Auf Grund von weniger Bewegungen frieren die Betroffenen leichter.
Auch wenn es luxuriös erscheint, ein Auto zu besitzen, so ist es doch für manche eine große Erleichterung. Viele leben auf dem Land und müssen weite Wege zum Einkaufen und zur Arbeit in Kauf nehmen. Dabei gilt: wer kurze Arme hat kann nicht viel tragen und kann sich auch im Bus nicht festhalten. Im Winter weite Wege zu gehen, wenn man sich die Jacke nicht selbst zu machen kann, ist nicht nur nicht angenehm, sondern kann zu chronischen Erkältungskrankheiten führen.
Der Umbau von Autos ist möglich, aber teuer. Die Betroffenen müssen diesen seit einiger Zeit meistens aus eigener Tasche bezahlen. Ihre berufliche Tätigkeit ist gefährdet, da sie nicht mehr zur Arbeit fahren können. Es werden auch bald viele in die Großstädte umziehen müssen, da das Leben auf dem Land für sie ohne Auto unmöglich ist.
Die Wohnungen der Betroffenen sind normalerweise zu klein. Wer früher von der Sozialhilfe leben musste und heute AlGII erhält, bekommt nur ein Zimmer mehr zugesprochen. Durch die Mietobergrenzen müssen manche Betroffene aus eigener Tasche zuzahlen, weil ihre Wohnungen zu teuer sind.
Für Contergangeschädigte muss eine Wohnung mindestens 3 Zimmer groß sein und über eine Wohnküche verfügen. Nur so kann er sie sich so einrichten, dass ein Höchstmaß an Selbstständigkeit erreicht wird und schmerzhafte Bewegungen möglichst ausgeschlossen sind.
Es braucht mehr Stellfläche, da man mit kurzen Armen nicht weit in Schränke fassen kann sowie obere und untere Teile nicht erreichen kann. Wer kurze Arme hat, kann auch nicht jedes mal den Tisch frei räumen, wenn er etwas neues machen will. Das belastet die Gelenke zu stark. Er muss sich verschieden Plätze für verschiedene Tätigkeiten einrichten können. Das gilt besonders für die Küche.
Manchmal sind besondere Möbelstücke notwendig wie höhenverstellbare Tische. Ganz wichtig ist auch ein Platz für Gymnastik. Im Badezimmer muss man oft Badewannenlifte einbauen oder Extramöbel aufstellen für den Zahnputzbecher. Die schmale Ablagefläche unter dem Spiegel ist für viele nicht erreichbar. Das Waschbecken muss meistens umgebaut werden und so weiter.
Bewegung ist wichtig und es gibt Sportvereine. Doch wem nützt dass, wenn er nicht mitmachen kann? Selbst Behindertensport kommt nicht in Frage, weil die Behinderungen das nicht zulassen. Es ist deshalb schon zu Folgeschäden gekommen. Die Betroffenen müssen sich hier selbst etwas ausdenken. Radfahren hat sich für viele als wertvoll herausgestellt. Aber die Räder müssen umgebaut werden. Es sind wieder teure Spezialanfertigungen. Liegeräder, die man einmal angeboten hat, sind kontraproduktiv. Die Wirbelsäulenmuskulatur wird nicht ausreichend gefordert und die Lenkung per Schulter führt zu weiteren Schäden.
Contergangeschädigte müssen also extra Geld für Sportgeräte und Spezialkleidung ausgeben. Um in den Bergen zum wandern zu gehen, was auch sehr wohltuend ist, muss man erst mal Geld ausgeben um dort hin zu kommen. Längere Urlaubsaufenthalte am Meer haben sich auch als nützlich herausgestellt. Besonders lange Strandspaziergänge sind medizinisch sinnvoll. Verdrehte Wirbel können sich so wieder einrenken, und die Muskulatur wird gestärkt. Die Wirkung reicht bis hinauf in die Halswirbelsäule. Teure und nicht ungefährliche Behandlungen können so vermieden werden.
Am Meer, und nur dort gibt es kleine Fische, die mit Kopf und Gräten gegessen werden. So wird dem Körper besonders viel Calcium für den Knochenbau zugeführt. Ein Urlaub am Meer lohnt sich schon allein deshalb. Als Ersatz wäre hier ein so genanntes „Rüttelbrett" denkbar. Bei dieser Methode steht man zwei oder drei mal in der Wiche auf einem vibrierenden Brett. Dadurch wird er Knochenbau angeregt. Der Effekt liegt bei 4- 10 % mehr Knochensubstanz.
Es gibt unzählige kleine Maßnahmen, die mitunter große Wirkungen haben können. Weniger Federn im Kopfkissen bewirken, dass der schmalere Körperbau vieler Betroffener ausgeglichen wird. Hals- und Genickschmerzen könnte man so lindern oder sogar ganz beseitigen. Tische und Stühle müssen an die jeweilige Größe angepasst sein. Das hat einen größeren Platzbedarf in der Wohnung zur Folge. Da braucht es oft einen Tisch mehr, damit „normale" Menschen die Wohnung auch nutzen können.
Da viele Betroffene körperlich nicht oder nicht mehr in der Lage sind, von Hand zu schreiben, sind Computer zu wichtigen Hilfsmitteln geworden. Für Blinde und gehörlose Menschen sind sie absolut unentbehrlich!
Ein ebenfalls nicht unerhebliches Problem sind Trennungen und Scheidungen. Leider findet nicht jeder einen passenden Partner. Wer seelisch angeschlagen ist, sucht einen Partner, von dem er zumindest annimmt, dass er ein Schicksalsgenosse sei. Das ist dann ein körperlich behinderter Mensch. So haben viele Contergangeschädigte traurige Geschichten zu erzählen. Wer aber körperlich behindert ist, ist mehr oder weniger auf seinen Partner angewiesen. Eine entsprechend gute finanzielle Ausstattung der Betroffenen bringt wenigsten die Sicherheit, sich von einem schlechten Partner gefahrlos trennen zu können.
Leider ist bei vielen Behörden die Ansicht verbreitet, dass behinderte Menschen keinen Anspruch auf Ehegattenunterhalt haben, wenn der Partner noch nicht ausgezogen ist. Egal, wie die Begründung im einzelnen lautet, die Betroffenen leiden im Ernstfall unglaublich. Sie müssen sich ja noch mit Sozialpädagogen herumschlagen, die immer nach Schuldigen suchen, statt die die Zusammenhänge zu sehen. Hilfe bleibt da natürlich ganz aus!
Fazit:
Die durch Thalidomid bedingten Behinderungen sind sehr unterschiedlich. Um das Ziel einer Erhaltung von Selbstständigkeit und Gesundheit zu erreichen, müssen ungewöhnliche Wege gegangen werden. Vieles muss erst noch entwickelt werden. Dass muss man bei der Einschätzung der Kosten berücksichtigen.
Jede Berechnung des tatsächlichen finanziellen Bedarfes kann nur ungefähr sein.
Weiters ist festzuhalten, dass vorhandene Hilfen und Hilfsmittel nur selten in Frage kommen. Es ist auch sehr wichtig, die Kommunikation zwischen den Betroffenen zu verstärken. Dies betrifft die Verbände ebenso wie die einzelnen Betroffenen.